Was sind Weichmacher / Phthalate?

Was sind Weichmacher und was sollten sie leisten?

Weichmacher in KunststoffenBei Weichmachern handelt es sich um Stoffe, die Materialien zugesetzt werden, um diese dehnbar, flexibler oder geschmeidiger zu machen. Das geschieht, indem die - auch als Weichmachungsmittel bezeichneten - Chemikalien zwischen oder teilweise sogar in die Materialmoleküle befördert werden. Dort fungieren sie als eine Art Schmiermittel. So verwandelt sich die ursprünglich starre Materialstruktur mit ihren eng aneinander liegenden Molekülen in eine bewegliche Anordnung und das Material wird weich. Durch den Zusatz von Weichmachern lassen sich Materialien einfacher bearbeiten oder erhalten bestimmte Eigenschaften, die für den jeweiligen Gebrauch erwünscht oder sogar notwendig sind. Weichmacher sollten - neben ihrer dargestellten primären Funktion - eine Reihe von Eigenschaften besitzen: Sie sollten licht-, temperatur- und wasserbeständig, geruch- und farblos, schwer entflammbar, wenig flüchtig und natürlich nicht gesundheitsschädlich sein.

Wo werden Weichmacher eingesetzt?

Weichmacher werden in so vielen Bereichen unseres täglichen Lebens verwendet, dass man von ihnen längst als einer allgegenwärtigen Chemikalie sprechen kann. Weichmachungsmittel werden vor allem Harzen, Plasten und Befilmungsüberzüge zugesetzt. Sie befinden sich primär in Kunststoffen, aber auch in Lacken, Anstrich- und Beschichtungsmitteln, in Artikeln aus Gummi oder Kautschuk sowie in Dichtungsmassen und Textilien. Besonders Häufig dienen sie als Additiv für Polyvinylchlorid (PVC), da dieses Polymer eigentlich eher brüchig und spröde ist. Die Anwendungsgebiete für Weichmacher scheinen schier unerschöpflich.

Die Produktpalette reicht von Spielsachen für Kinder, über Trinkflaschen, Bodenbeläge und Tapeten, bis hin zu Sexspielzeugen für Erwachsene und darüber hinaus. Oft werden Weichmacher auch verwendet, um die Haptik und Geschmeidigkeit des jeweiligen Produktes zu verbessern. Sie finden sich aber auch häufig in der Verpackung diverser Artikel. Immer wieder werden nicht nur einzelne Weichmacher, sondern Kombinationen von verschiedenen Typen eingesetzt. Deshalb überrascht es kaum, dass gemäß einer Studie von Ceresana Research - nach eigenen Angaben eines der führenden Marktforschungsinstitute für die Industrie - das weltweite Volumen dieser Stoffgruppe bereits im Jahr 2004 etwa 5,5 Millionen Tonnen - bei einem Gesamtwert von 7 Milliarden Euro - betrug.(1)

Welche Arten von Weichmachern gibt es?

Weil es eine Vielzahl von Chemikalien gibt, die als Weichmacher Verwendung finden und die Industrie zudem immer neue Varianten herstellt, kann hier nur auf einen Teil der Weichmachungsmittel eingegangen werden. Dabei konzentriert sich die Darstellung auf solche Stoffe und Stoffgruppen, die eine besonders große Bedeutung haben oder hatten.

3.1 Phthalate

Besonders zahlreich ist bei Weichmachern die Stoffgruppe der Phthalate - also die Ester der Phthalsäure - vertreten. Das hat vor allem zwei Ursachen. Phthalate sind nämlich nicht nur relativ billig herzustellen, sondern auch besonders vielseitig einsetzbar. In einem Artikel aus dem Jahr 2004 bezifferte Greenpeace das Marktvolumen dieser Stoffgruppe allein in der Europäischen Union auf rund 1 Million Tonnen.(2)

3.7 Bisphenol-A

Bisphenol-A wird zwar in manchen Quellen als Weichmacher bezeichnet,(16) gehört aber - zumindest im engeren Sinne - nicht zu dieser Stoffgruppe.(17) Vielmehr wird Bisphenol-A als Ausgangsstoff zur Synthese polymerer Kunststoffe verwendet. Enthalten ist es in vielen Gegenständen des täglichen Gebrauchs, die Kontakt mit Lebensmitteln oder Getränken haben. Beispiele hierfür sind Trinkflaschen oder Konservendosen. Mit einer globalen Produktionsmenge von 4,9 Millionen Tonnen im Jahr 2008 handelt es sich bei Bisphenol-A um eine der weltweit am häufigsten eingesetzten Chemikalien.(18)

3.1.1 Diethylhexylphthalat (DEHP)

Die lange Zeit am häufigsten eingesetzte Chemikalie aus der Stoffgruppe der Phthalate wird Diethylhexylphthalat oder - nicht ganz korrekt - Dioctylphthalat genannt. Die exakte chemische Bezeichnung lautet Bis(2-ethylhexyl)phthalat. Für das Phthalat, das vor allem als Weichmacher für PVC, aber auch als Zusatzstoff für Farben, Kosmetika und Gummi Verwendung findet bzw. fand, wird meistens die griffigere Abkürzung DEHP oder DOP verwendet. Die Anwendungsgebiete sind bzw. waren vielfältig und reich(t)en vom Bodenbelag aus PVC über die Verpackung von Lebensmitteln und Trinkflaschen bis zu einer ganzen Reihe von medizinischen Produkten wie Blutbeutel oder Katheter. Zu Beginn der 90er Jahre betrug der Marktanteil des farblosen und geruchlosen DEHP bezüglich der Stoffgruppe laut Greenpeace etwa 50%.(3) Noch im Jahr 2004 wurden weltweit - gemäß von der Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e. V. zusammengestellter Marktdaten - fast 2 Millionen Tonnen DEHP hergestellt.(4)

3.1.2 Dibutylphthalat (DBP)

Dibutylphthalat (DBP) ist eine farblose bis leicht gelbliche, schwach aromatische Flüssigkeit von öliger Konsistenz, die praktisch wasserunlöslich ist. Rund zwei Drittel des hergestellten DBP wird Polymeren und hierbei überwiegend PVC zugesetzt.(5) Eine besondere Rolle spielt das Phthalat bei der Beschichtung von oral einzunehmenden Medikamenten, wo es dafür sorgen soll, dass sich die Ummantlung von Pillen erst in einem bestimmten Teil des Körpers auflöst. So soll sichergestellt werden, dass die Arznei erst dort ihre Wirkung entfaltet.

3.1.3 Benzylbutylphthalat (BBP)

Das einzige industriell bedeutsame Phthalat, das eine chemische Struktur mit unterschiedlichen Seitenketten aufweist, ist Benzol-1,2-dicarbonsäurebenzylbutylester, gemeinhin als Benzylbutylphthalat (BBP) bezeichnet. Die farblose und fast geruchlose Chemikalie wird vor allem als Weichmacher für Polymere wie Polyurethan oder PVC benutzt. Eingesetzt wird BBP überwiegend in Bodenbelägen, findet sich aber auch in Parfüms, Haarsprays, Leimen, Klebern und in der Verpackung diverser Produkte.

3.1.4 Diisononylphthalat (DINP)

Diisononylphthalat (Bis(3,5,5-trimethylhexyl)phthalat oder Phthalsäurebis(3,5,5-trimethylhexylester)) - in der Regel mit DINP abgekürzt - ist eine farblose, schwer entzündliche und fast geruchlose Flüssigkeit. Eigentlich existieren zwei Typen von DINP, die sich bezüglich des Verzweigungsgrades der enthaltenen Alkoholkette unterscheiden. Da beide Formen des DINP allerdings die gleichen Eigenschaften aufweisen,(6) scheint an dieser Stelle eine Differenzierung unnötig. Als Weichmacher wird DINP wegen des guten Kälterverhaltens sowie der geringen Flüchtigkeit geschätzt. Zu 95% wird es PVC zugesetzt und findet zudem in Gummi, Farben und Pigmenten Verwendung.(7) Es ähnelt DEHP, kann aber wegen seiner spezifischen Eigenschaften einen positiveren Einfluss auf die Haltbarkeit und Qualität von Produkten ausüben.(8)

3.1.5 Diisodecylphthalat (DIDP)

Da Diisodecylphthalat (DIDP) bezüglich Struktur und Eigenschaften DINP stark ähnelt, ist es wenig überraschend, dass auch die Einsatzgebiete fast identisch sind. Die ölige, farblose und beinahe geruchlose Flüssigkeit wird deshalb ebenfalls überwiegend als Weichmachungsmittel für PVC eingesetzt und ansonsten bei der Herstellung von anderen Polymeren und Gummi verwendet. DIDP findet sich in den Sohlen von Schuhen und Fußbodenbelägen, wird aber wegen der guten Kälteflexibilität auch für diverse Anwendungen im Hochtemperaturbereich eingesetzt. Beispielsweise enthalten Kabel in Automobilen oft DIDP.

3.1.6 Dioctylphthalat (DNOP)

Bei Dioctylphthalat - oder präziser Di-n-octylphthalat (DNOP) - handelt es sich um ein Isomer des DEHP. Das bedeutet, dass beide Phthalat die gleiche Molekülmasse und Summenformel besitzen und sich nur bezüglich der Anordnung bzw. Verknüpfung der enthaltenen Atome voneinander unterscheiden. Die farblose und geruchlose Flüssigkeit von öliger Konsistenz wird als Weichmacher vor allem in medizinischen Produkten wie Blutbeutel und Schläuchen, aber auch in Kabeln, Beschichtungen und Kosmetika benutzt.

3.1.7 Diisobutylphthalat (DIBP)

Das farblose und nur schwach riechende Diisobutylphthalat (DIBP) hat ähnliche Eigenschaften wie DBP und wird deshalb teilweise als Ersatzstoff für dieses eingesetzt. Es ist aber stabiler gegenüber äußeren Einflüssen wie Licht und Hitze und wird nicht nicht nur als Weichmacher für Kunststoffe und Lacke, sondern beispielsweise auch als Trägerstoff für Geruchsverbesserer oder zur Herstellung von Titankatalysatoren verwendet.(9) Wird es als Weichmacher eingesetzt, dann oft in Kombination mit anderen Phthalaten.

3.2 Epoxydiertes Sojaöl (ESBO)

Epoxydiertes Sojabohnenöl wird nicht nur als Weichmacher, sondern auch als Stabilisator von PVC verwendet. Es wird besonders häufig Dichtungsmassen von Deckeln aus Kunststoff, aber auch Folien, zugesetzt.(10)

3.3 Adipate

Bei Adipaten handelt es sich um die Ester der Hexandisäure. Adipate werden speziell als Weichmacher in PVC eingesetzt und haben in den letzten Jahren in diesem Bereich teilweise die Phthalate verdrängt. Dass es noch zu keiner vollständigen Substitution kam, dürfte auch an den höheren Kosten liegen. So liegt der Preis für Adipate etwa 30% über dem von DINP. (11)

3.3.1 Diethylhexyladipat (DEHA)

Der am häufigsten verwendete Weichmacher in der Stoffgruppe der Adipate ist eindeutig Bis(2-ethylhexyl)adipat, das auch als Diethylhexyladipat (DEHA) bezeichnet wird. Überwiegend wird DEHA als Weichmacher für kältebeständiges Weich-PVC benutzt. In diesem Zusammenhang kommt der farblose und fast geruchlose Stoff überwiegend bei der Verpackung von Lebensmitteln zum Einsatz. Typische Produkte mit DEHA-Anteilen sind neben Folien für Lebensmittel, vor allem Fußbodenbeläge sowie Vinyl-Tapeten.(12)

3.4 Acetyltributylcitat (ATBC)

Von allen Estern der Zitronensäure wird Acetyltributylcitat (ATBC) am häufigsten als Weichmacher verwendet. Es ersetzt teilweise DEHP als Weichmachungsmittel in PVC, wird aber auch Gummi, Vinyl- und Cellulkoseharzen zugesetzt. Es ist DEHP bezüglich Farb- und UV-Beständigkeit sowie Hitzestabilität überlegen, allerdings teurer in der Herstellung. ATBC wird vor allem als Alternative zu einigen Phthalaten in Spielzeugen verwendet, findet sich aber auch in der Verpackung von Lebensmitteln sowie in Klebstoffen. (13)

3.5 Hexamoll(R)

1,2-Cyclohexandicarbonsäurediisononylester - besser bekannt unter der Bezeichnung Hexamoll(R) oder den verbreitetsten Handelsnahmen Hexamoll(R) DINCH - gehört zur Stoffgruppe der aliphatischen Ester und ist eine Entwicklung des Chemie-Konzerns BASF. Der als Ersatz für Phthalate konzipierte Weichmacher wird vor allem PVC, aber auch anderen polaren Polymere zugesetzt. Hexamoll(R) ist eine farblose, fast geruchlose Flüssigkeit, die in Wasser nahezu unlöslich ist. Das Weichmachungsmittel findet sich in Spielzeug, aber auch in medizinischen Produkten und in der Verpackung von Lebensmitteln.(14)

3.6 Mesamoll(R)

Ein weiterer Weichmacher, der von einem Chemie-Riesen als Alternative zu Phthalaten im Allgemeinen und DEHP im Speziellen entwickelt wurde ist Mesamoll(R). Hierbei handelt es sich um einen Alkylsulfonsäureester des Phenols - genauer: (C10–C21)Alkansulfonsäurephenylester - aus dem Hause Bayer bzw. Lanxess. Er wird als universaler Weichmacher für viele Polymere eingesetzt. Die Weiterentwicklung Mesamoll(R) II zeichnet sich durch eine noch geringere Flüchtigkeit aus.(15)


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